Genremix und Farbenspiel
Natalie Buchholz gelingt mit Der rote Swimmingpool ein spannungsgeladenes Erstlingswerk. Mittels des Wechsels zweier Zeitebenen erzählt die Autorin vom Zerbrechen einer Familie, dem Ende einer großen Liebe und dem Beginn von etwas Neuen. Der Roman, der unterschiedliche Genres miteinander vereint, erzeugt dabei nicht nur einige Spannungsmomente, sondern auch ein wohliges Gefühl menschlicher Wärme.
Adams Mutter zieht ihre alltäglichen Bahnen durch den Pool im Garten immer, kurz bevor sein Vater nach Hause kommt. Dieser stellt sich an den Rand, um ihr beim Kraulen zuzusehen. Wenn seine Mutter sich dann aus dem Becken schwingt und seine Eltern lächelnd voreinander stehen, kann Adam beobachten, wie zwischen ihnen die Sonne aufgeht. Der Swimmingpool im Garten war ein Geschenk des Vaters für die Mutter. Die Kacheln darin sind rot. Wenngleich Rot als die Farbe der Liebe gilt, handelt es sich ebenso sehr um eine Warnfarbe. So klingt auch in Adams Beschreibung der immer gleichen Szene der Begegnung seiner Eltern am Pool die Vorausdeutung einer Wende an: »Alles war gut. Solange meine Mutter meinen Vater anlächelte und sich die Sonne breitmachte für ihren großen Auftritt, war alles gut.«
Ebenso spannungsreich wie einfühlsam erzählt Natalie Buchholz in ihrem Debütroman Der rote Swimmingpool die Geschichte vom Zerbrechen einer scheinbar glücklichen Familie. Das Familienidyll mit Monopoly-Abenden und weihnachtlichem Lagerfeuer im Garten erreicht seinen Wendepunkt, als Adams Vater Frau und Sohn ohne ein Wort der Erklärung verlässt und auch seine Mutter sich vor Adam verschließt. Die Situation spitzt sich bis zur Eskalation zu, in deren Konsequenz Adam Sozialstunden in der Altenpflege abzuleisten hat.
Ein absolutes Plus dieses Debüts: Die klare Sprache der Autorin
Mittels einer Parallelisierung zweier sich abwechselnder Zeitebenen erzählt Buchholz in Der rote Swimmingpool zum einen aus der Retrospektive von der Entwicklung der Familiengeschichte bis hin zu einer verheerenden Tat Adams, zum anderen folgt die Geschichte in einem zweiten Handlungsstrang der Gegenwart Adams, in der sich der junge Mann mit seinem neuen Leben zu arrangieren beginnt. Der Wechsel zwischen beiden Zeitebenen sowie gekonnt gesetzte Cliffhanger am Kapitelende generieren eine enorme Spannung, die Buchholz‘ Debüt zu einem Pageturner mit hohem Unterhaltungswert macht. Diese gelungene Konstruktion des Spannungsbogens und das authentische Portrait einer zerbrechenden Familie sind sicherlich das Ergebnis von Buchholz‘ langjähriger Tätigkeit in der Literaturbranche: Die 1977 geborene Münchnerin arbeitete bereits bei diversen deutschen Verlagen und ist zurzeit bei den Belletristik-Verlagen von Klett-Cotta tätig.
Neben den Genres des Spannungs- und Familienromans ist Der rote Swimmingpool auch eine Coming-of-age-Geschichte, in deren Rahmen Adam beginnt sich vom impulsiven Jungen zum verantwortungsbewussten Erwachsenen zu entwickeln. Während in der Rückschau auf die Liebesgeschichte seiner Eltern vom Ende einer Beziehung erzählt wird, entwickelt sich Adams Begegnung mit Tina zur erblühenden Liebe zweier Heranwachsender mit all ihrem Glück und ihren Herausforderungen. Dabei lebt das Debüt – von kleineren inhaltlichen Schwächen und Wiederholungen im zweiten Handlungsstrang einmal abgesehen – gerade durch die klare Sprache der Autorin. Der ganz auf die Jugend ausgerichtete Erzählstil Adams funktioniert jedoch nicht nur für das Genre Jugendbuch, sondern trägt ebenso zur Spannungssteigerung bei. Buchholz‘ Der rote Swimmingpool überzeugt gleichermaßen aber auch als ein Debüt von menschlicher Wärme.
Natalie Buchholz: Der rote Swimmingpool. Hanser Berlin: München 2018. 288 Seiten. 19,00 Euro. ISBN 978-3-446-25909-6. – Auch als E-Book erhältlich.