Schon 1924 hat Ivor Armstrong Richards, einer der Väter der akademischen Literaturkritik, in seinem grundlegenden Werk Principles of Literary Criticism (dt.: Prinzipien der Literaturkritik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1985) auf die zunehmende Bedeutung des "Anspielungscharakters moderner Poesie" hingewiesen und prognostiziert, dass
[u]nter den gegebenen Umständen und unter Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen in der Richtung, wie sie die Veränderungen der letzten zweihundert Jahre angegeben haben, [...] es sehr wahrscheinlich [sei], daß die Dichter nicht weniger, sondern noch mehr auf Anspielungen zurückgreifen werden und daß ihr Werk mehr und mehr nicht nur von anderer Poesie, sondern von allen möglichen Spezialgebieten, mit denen man vertraut sein muß, abhängen wird.
Bereits ein nur flüchtiger Blick in summarische Lyrikanthologien und Einzelpublikationen (längst nicht nur gefeierter Größen wie Durs Grünbein, Raoul Schrott oder Dieter M. Gräf) der letzten Jahre und Jahrzehnte bestätigt diesen Eindruck zweifellos: Referentialität ist das Schlüsselwort für die Interpretation moderner Lyrik. Gedichte korrespondieren mit anderen, nicht nur literarischen Texten, bilden komplexe Vernetzungsstrukturen aus und bisweilen reale Kommunikation zwischen Autoren ab, gehen gleichsam "wilde Ehen" ein... Diesem hochinteressanten Thema widmet sich nun die neueste Ausgabe der Literaturzeitschrift »intendenzen« (Nr. 10 (2004)):